Video – Nachgefragt bei Thomas Greiner (Präsident des Arbeitgeberverband Pflege e.V.)
Video - Nachgefragt bei Thomas Greiner (Präsident des Arbeitgeberverband Pflege e.V.)
Pflege ist ein zentrales Thema unserer älter werdenden Gesellschaft. Laut der letzten offiziellen Pflegestatistik von 2021 gibt es mittlerweile 5 Millionen Pflegebedürftige. Um sie zu versorgen, arbeiten schon heute mit deutlich mehr als 1,2 Millionen Beschäftigten mehr Menschen in der Pflege als in der deutschen Automobilindustrie. Aufgrund des demografischen Wandels wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen und auch der Beschäftigten bis zum Jahr 2050 mehr als verdoppeln. Pflege in Deutschland braucht Zukunft – weil eine Zukunft ohne Pflege nicht funktioniert.
Und die zentrale Frage für die Zukunft lautet: Was ist eigentlich gute Pflege und wie wird sie umgesetzt?
Bei der Suche nach dieser Antwort müssen private, kirchliche, gemeinnützige und kommunale Träger mit der Politik gemeinsam nach verlässlichen Rahmenbedingungen suchen.
Der Arbeitgeberverband Pflege e.V. (AGVP) ist seit 2009 die politische, wirtschaftliche und tarifliche Interessensvertretung von 955 Mitgliedsunternehmen mit rund 80.000 Mitarbeitern.
Dazu gehören die namhaftesten und größten Unternehmen der Altenpflege. Rund 65.304 pflegebedürftige Menschen in Deutschland werden von unseren Mitgliedsunternehmen betreut. Der Arbeitgeberverband Pflege tritt für die Geschlossenheit der Branche ein und kooperiert mit den wesentlichen Vertretern der Sozialwirtschaft und branchennahen Unternehmen. Die Mitglieder des Verbandes setzen sich gemeinschaftlich für eine zukunftsfähige Gestaltung der Altenpflege und für neue Wege bei der Gewinnung von Fach- und Führungskräften ein.
Als starkes Bündnis gestaltet der AGVP gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) in der für fünf Jahre berufenen Pflegekommission die Arbeitsbedingungen und Löhne für die Altenpflege.
Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) weist auf die verletzliche Position von Hilfe-zur-Pflege-Empfängern hin. AGVP-Präsident Thomas Greiner appelliert an die Sozialämter, die Versorgung von Sozialhilfeempfängern zu sichern.
Greiner erklärt: „Die Sozialhilfeträger in Kommunen und Ländern müssen ihren Umgang mit Pflegebedürftigen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, grundsätzlich ändern. Theoretisch übernimmt das Sozialamt die Heimkosten, wenn ein Pflegebedürftiger sich diese nicht mehr leisten kann. Doch in der Praxis entsteht für die Antragssteller ein entwürdigender Schwebezustand. Sie können ihre Rechnungen längst nicht mehr bezahlen, wissen aber nicht, ob ihr Antrag bewilligt ist, weil die Bearbeitung regelmäßig sechs bis acht Monate dauert. Währenddessen liegt die durchschnittliche Verweildauer in Pflegeheimen nur bei etwa zwei Jahren. Die Pflegeheime unterstützen bei der Antragsstellung und sichern selbstverständlich die pflegerische Versorgung ab, auch wenn Rechnungen über Monate unbezahlt bleiben – aus Respekt vor der Würde der Pflegebedürftigen.
Die Sozialämter missbrauchen jedoch das Verantwortungsbewusstsein der Pflege-Anbieter und setzen die Versorgung Pflegebedürftiger aufs Spiel. Uns sind Fälle bekannt, in denen die Sozialhilfeträger die Heimbetreiber dazu auffordern, Verträge mit Sozialhilfeempfängern zu kündigen. Außerdem kürzen sie regelmäßig und einseitig die Zahlungen für nachgewiesene Immobilienkosten, obwohl das Zimmer eines Sozialhilfeempfängers selbstverständlich genauso modern sein muss wie das eines Selbstzahlers. Diese Praktiken könnten dazu führen, dass Heime die Aufnahme von Sozialhilfeempfängern nicht mehr stemmen können. Das muss unbedingt verhindert werden.
Die Sozialämter müssen die Anträge rasch bearbeiten und pünktlich zahlen. Gelingt das nicht, muss der Gesetzgeber eingreifen und festlegen, dass der Antrag vorläufig als positiv beschieden gilt. Standardisierte Vorauszahlungen sollten dann sofort erfolgen. Das ist nötig, damit die pflegerische Versorgung für Hilfe-zur-Pflege-Empfänger weiterhin gewährleistet und die Würde der Sozialhilfeempfänger wiederhergestellt wird.“
Krankenhaus und Pflegeheim: Organisierte Verantwortungslosigkeit bringt Versorgung in Gefahr
Angesichts der Krise bei Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sorgt sich der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) um die medizinisch-pflegerische Versorgung. AGVP-Präsident Thomas Greiner appelliert an die Verantwortlichen, die Versorgung zu sichern.
AGVP-Präsident Thomas Greiner: „Seit zwei Jahren kämpfen Pflegeheime und Krankenhäuser um ihre Existenz. Infolge beispielloser Insolvenzwellen und eines Versorgungsabbaus schwanken die beiden Säulen der Gesundheitsversorgung. Dazu kommt eine tiefe Verunsicherung bei Beschäftigten, Bewohnern und Angehörigen.
Grund für die Krise ist die organisierte Verantwortungslosigkeit von Kassen und Sozialhilfeträgern, Bund und Ländern. Kassen und Sozialhilfeträger verschleppen die Zahlung der erbrachten Leistungen und lassen die Heimbetreiber am langen Arm verhungern. Beispielsweise werden nachgewiesene Lohnsteigerungen für das Pflegepersonal nicht zeitnah refinanziert. Die Bundesländer investieren kaum bis gar nicht in die Infrastruktur – deshalb fehlt den Heimen Spielraum für Instandhaltung und Modernisierung, zum Beispiel bei Digitalisierung und Klimaanpassung. Der Bund hat es bisher nicht geschafft, mit einem neuen gesetzlichen Rahmen den Pflegeheimen und
-diensten die Versorgung von immer mehr Pflegebedürftigen zu ermöglichen. Die Folge: Insolvenzen, Schließungen und Versorgungsabbau in der Fläche. Die Verantwortlichen müssen sich endlich am Riemen reißen, sonst droht ein gesundheits- und sozialpolitisches Desaster.
Hintergrund
In ihrer heutigen Pressekonferenz hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) auf die Gefährdung der Versorgung in Krankenhäusern hingewiesen. Demnach waren 2023 40 Klinik-Standorte von Insolvenz betroffen. Die Mehrzahl der Kliniken rechnet mit einer dramatischen Verschärfung der Versorgungslage. In der Altenpflege mussten 2023 über 800 Heime und Dienste Insolvenz beantragen oder sogar schließen. Trotz steigenden Bedarfs wurden laut dem GKV-Spitzenverband Pflegeplätze abgebaut.
20240314_PM_Organisierte Verantwortungslosigkeit bringt Versorgung in Gefahr